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Canyon Grail CFR RIFT Testbericht: Das Grail bekommt ein aufregendes neues Fahrwerk, aber es fehlt noch ein wichtiges Update

Der Grail RIFT ist ein spannendes neues Kapitel in der Geschichte des Grail und dürfte dich freuen, wenn du ein Gravel-Velo in Betracht ziehst.

Veröffentlicht vor 4 Tagen
Canyon Grail CFR RIFT Testbericht: Das Grail bekommt ein aufregendes neues Fahrwerk, aber es fehlt noch ein wichtiges Update

Canyon Grail CFR RIFT Testbericht: Das Grail bekommt ein aufregendes neues Fahrwerk, aber es fehlt noch ein wichtiges Update


Preis: ca. CHF 8'000.-
Gewicht: 9,64kg - Small 
Grössen: 2XS -2XL
Schaltung: Shimano GRX Di2 RD-RX825
Farben: Amethyst Shade / Arctic Noir

Das Canyon Grail RIFT Gravelbike wurde Ende Mai dieses Jahres nach einem ziemlichen Internet-Hype und mehr als einem durchgesickerten Foto vorgestellt. Doch als sich der Staub gelegt hatte, tauchte ein Canyon Grail auf, das mit einer brandneuen Gravel-Federgabel ausgestattet war.
Das Grail ist schon länger im Gravel-Sortiment von Canyon, und es gilt als eines der besten Gravelvelos: schnell genug für Rennen, was durch einige grosse Siege auf dem Velo – inklusive mindestens einem Gravel-WM-Titel – belegt ist. 
Die RIFT-Version – das Kürzel steht für „Rough is Fast Tuning“ – bedeutet: ausgewählte Grail-Modelle bekommen die neue DT Swiss F132 One Federgabel, die zusammen mit Canyon entwickelt wurde. Die Gabel ist im ersten Jahr exklusiv bei Canyon, danach dürfte sie auch an anderen Velos auftauchen. 
Die F132-Gabel bietet 40 mm Federweg – also das, was sich bei den besten Gravel-Federgabeln etabliert hat – und hat eine maximale Reifenfreigängigkeit von 50 mm. Das ist ordentlich, aber nicht ganz so grosszügig wie bei manchen Gravelvelos auf dem Markt, etwa beim Lauf Seigla oder beim neu lancierten Fara Gr4, die beide 57 mm Reifen aufnehmen können. 

Der Rahmen des Grail bleibt derselbe, die Gabel ist neu (Bildnachweis: Tom Wieckowski)

Design und Ästhetik
Im Folgenden liegt der Schwerpunkt auf der DT-Swiss-F132-Gabel, dem hier verbauten Testaufbau und auf ein paar Updates, die Canyon gleichzeitig angekündigt hat. 
Der Grail-Rahmen selbst bleibt abgesehen von neuen Lackierungen unverändert, dazu gibt es hier also nichts wirklich Neues. 
Vor der Gabel selbst hat Canyon im Mai noch ein paar sinnvolle Verfeinerungen für die ganze Serie gebracht. 
Es gibt neue Farbvarianten, und zudem bekommen jetzt alle Grail-Modelle den integrierten, nach aussen geflärten Aero-Lenker CP0047. Bei den CF- und SLX-Modellen sind die Lenker zudem schmaler – genau das, was heute fast alle wollen. Das Grail ist schliesslich als Gravel-Race-Velo gedacht. 
Verschiedene Modelle kommen jetzt zudem serienmässig mit einem 4iiii-Leistungsmesser am linken Kurbelarm – das erhöht die Zahl der Velos in der Serie, die ab Werk einen Powermeter haben.

Es gibt jetzt einige neue Lackierungen; das ist die Option "Arctic Noir". (Bildnachweis: Tom Wieckowski)

Mehr Modelle haben jetzt 4iii Leistungsmesser am linken Kurbelarm (Bildnachweis: Tom Wieckowski)

Die F132 One ist eine schlanke, sehr aufgeräumte Gravel-Federgabel mit geformten Gabelbeinen und einer sauber gestalteten Krone. Der wuchtige Look einer vollwertigen MTB-Gabel fehlt hier bewusst. 
Die Gabel wird per Remote-Lockout bedient. Der am Lenker montierte Pushcontrol-Hebel (etwa 35 g) öffnet oder schliesst die Gabel und lässt sich aus mehreren Handpositionen bedienen. 
Der Federweg beträgt 40 mm, wie bei anderen Gravel-Federgabeln wie der RockShox Rudy. Das scheint sich als Sweetspot für Gravel durchgesetzt zu haben. Im Inneren arbeitet die Lineair-Luftfederkartusche mit positiver und negativer Luftkammer, was insgesamt für ein geschmeidigeres Ansprechverhalten sorgen soll. 
Die Einstellmöglichkeiten sind bewusst einfach gehalten: Luftdruck und Rebound, mehr nicht. Die Bremsleitung läuft intern durch den Gabelschaft, dadurch wird ein späterer Steuersatz-Service etwas aufwendiger. Canyon bietet zudem Adapter an, mit denen du Taschen bis 3 kg Gewicht an den Gabelbeinen befestigen kannst. Schutzbleche lassen sich ebenfalls montieren – das dürfte einige Fahrer freuen. 
DT Swiss hat zudem eigene „Roll-over“-Tests gemacht, um zu sehen, ob die Gabel die horizontale Kraft beim Überrollen von Hindernissen reduziert. Wer mag, kann sich diese Ergebnisse anschauen. 
Es gibt auch ein hilfreiches Setup-Video zur Gabel auf der DT-Swiss-Website. Wichtig: Du brauchst einen T10-Torx-Schlüssel, um die Abdeckung zum Ventil zu öffnen – das ist nicht die gängigste Grösse. 
Das Setup selbst ist simpel. DT Swiss gibt eine Tabelle nach Fahrergewicht vor, dazu eine Empfehlung für die Rebound-Klicks. Beispiel: Bei etwa 65 kg Fahrergewicht empfiehlt der Hersteller 95 psi und 5 Rebound-Klicks ab voll geöffnet. Du startest mit dem Basiswert, fährst ein bisschen und feilst dir dann die Einstellung so hin, wie sie dir am besten passt. 
Die maximale Reifenfreiheit des Grail liegt weiterhin bei 42 mm – das wurde nicht geändert –, während die Gabel bis 50 mm aufnehmen kann. Damit liegt das Grail inzwischen etwas hinter Velos wie dem Lauf Seigla oder dem Allied Able, die bis 57 mm können. 42 mm hinten wirkt heute nicht mehr ganz taufrisch, und wenn du vorne dank der Gabel grösser fahren willst, hättest du vorne und hinten unterschiedliche Breiten – das kann etwas stören. 
Unsere eigenen CN-Labs-Gravelreifen-Tests haben ausserdem gezeigt, dass breitere Gravelreifen beim Rollwiderstand oft sogar schneller sind. Wer einmal mit 2,2"-MTB-Race-Reifen unterwegs war, weiss, wie viel Komfort und Grip das bringt. 

Die Gabel hat eine umgekehrte Brücke (Bildnachweis: Tom Wieckowski)

So läuft die Leitung der Vorderradbremse (Bildnachweis: Tom Wieckowski)

Der Rebound sitzt gut geschuetzt im Gabelbein und laesst sich werkzeuglos verstellen. (Bildnachweis: Tom Wieckowski)

Der Lockout-Hebel funktioniert gut, und dass man ihn aus der Oberlenker-Position bedienen kann, ist praktisch. (Bildnachweis: Tom Wieckowski)

Leistung
Das Grail RIFT fühlt sich genau so lebendig und spassig an wie das bisherige Grail. Das Velo spricht direkt an, und der positive Fahreindruck war sofort da. Im Wiegetritt auf Asphalt – besonders mit blockierter Gabel – fühlt es sich richtig gut an. Die sehr fahrerfreundliche Geometrie des Grail funktioniert hier weiterhin gut, und das Velo hält das Tempo überall ordentlich. 
Und wie schlägt sich die Gabel? Mit den empfohlenen Werten spricht sie sensibel an und steckt grössere Schläge sehr sauber weg. Auf bewusst ruppigen, steinigen Abfahrten bügelt sie Unebenheiten effektiv aus. Für grobe Stücke oder einfach mehr Komfort funktioniert sie wirklich gut. 
Damit stellt sich die Grundfrage: Warum ein Gravelbike mit Federgabel? Aus meiner Sicht gibt es drei typische Gründe: 
  • du willst auf ruppigem Untergrund den Gesamtkomfort erhöhen,
  • du willst technischere Trails fahren, inklusive Drops oder grösseren Schlägen,
  • oder du fährst Gravel-Rennen/Marathons und willst auf Kursen starten, auf denen eine Gravel-Federgabel netto Zeit sparen kann.
Klar ist: Die Gabel bringt Gewicht. Sie hat ein Eigengewicht von 1’340 g. Das dürfte etwa ein halbes Kilo mehr sein als die serienmässige starre Gabel. Wenn du also ganz vorne ein 10-km-Gravel-Climb fahren musst, stellt sich die Frage: Ist dir ein halbes Kilo Mehrgewicht das wert?

The Traka bot einen sehr guten Praxistest für das Velo. (Bildnachweis: The Traka)

Test auf einigen steinigen, steilen Abfahrten - wo es gut abschnitt (Bildnachweis: Tom Wieckowski)

Man kann die zusätzliche Geschmeidigkeit aber auch anders holen: mit grösseren Reifen und starrer Gabel. Wenn der Rahmen hinten nur 42 mm zulässt und vorne 50 mm möglich sind, das Velo aber mit Federgabel kommt, dann wäre es nur logisch, wenn Canyon dem Ganzen auch etwas gröbere Pneus mitgeben würde. 
Auch auf glatterem Gravel bringt die Gabel einen spürbaren Dämpfungseffekt. Aber bei „normalem“ Gravel stellt sich schon die Frage: Würdest du mit breiteren Reifen bei weniger Druck und mit einer starren Gabel nicht ein sehr ähnliches Fahrgefühl bekommen – bei weniger Gewicht? Am Ende ist es gut, dass du die Wahl hast. 
Sehr gelungen ist der Remote-Lockout. Bei der Positionierung solcher Hebel kann man es nie allen recht machen – wir sind alle etwas anders gebaut. Aber hier kannst du den Hebel aus dem Unterlenker oder oben von den Hörnern bedienen: einmal in die eine Richtung blockieren, zurück öffnen, fertig. 
Die Bedienung ist leicht und gut spürbar, und weil sie per Zug erfolgt, musst du zuhause nichts entlüften. Einer der grössten Pluspunkte ist, dass du beim Fahren am Oberlenker schnell blockieren kannst, zum Beispiel wenn du von einem Gravel-Sektor auf Asphalt beschleunigst. Das ist im Alltag wirklich ein Vorteil.

Wartung und Instandhaltung

Es lohnt sich, die Gabel zu pflegen, damit sie ihre Leistung behält. Grundsätzlich ist das Grail bei der Wartung nicht heikel: Dank halb-internem Steuersatz-Kabelverlauf kommst du an die Lager, das Tretlager ist ein Standardmodell, und DT-Swiss-Naben lassen sich meist ohne Spezialwerkzeug nachschmieren – ausser bei grossen Eingriffen am Antrieb der Nabe, das ist dann eher ein Job für die Werkstatt. 
Die Federgabel selbst hat aber eigene Serviceintervalle, die du einplanen musst. DT Swiss empfiehlt einen Luftdruck-Check alle 6 Monate, einen kleinen Service alle 50 Stunden (neue Schaumringe, frisches Öl, je nach Zustand), und dann alle 2 Jahre oder nach 500 Betriebsstunden – je nachdem, was zuerst eintritt – einen grossen Service. 
Das kostet natürlich etwas extra über die Lebensdauer. Beim offiziellen DT-Swiss-Servicepartner in Grossbritannien (TF Tuned) kostet der grosse Komplettservice inkl. Dichtungen und Zerlegen der Dämpfer-Einheit rund £125 – umgerechnet etwa CHF 132 und in der Schweiz wahrscheinlich ähnlich teuer. Das ist der Basispreis und gibt einen Anhaltspunkt. 
Der 50-Stunden-Service ist deutlich günstiger, und es ist zu betonen, wie wichtig es ist, die Standrohre immer sauber und staubfrei zu halten. 

Modellpalette und Preis
Alle Grail-Modelle erhalten jetzt den CP0047-Lenker. (Bildnachweis: Tom Wieckowski)

Der Zugang zum Steuersatz ist dank dieser halb-internen Führung kein Problem. Du kannst die Lager an Ort und Stelle reinigen/nachschmieren usw. (Bildnachweis: Tom Wieckowski)

Damit es zur Gabel passt kann man hier gut aggressivere, idealerweise grössere Reifen montieren. (Bildnachweis: Tom Wieckowski)

Das hier getestete CFR-RIFT-Modell liegt bei rund CHF 8'000.-.
Das wäre allerdings nicht das Modell, das ich als Erstes kaufen würde. Wenn ich ein Grail mit RIFT-Gabel nehmen würde, würde ich eher zum Grail CF SLX 8 RIFT tendieren. 
Das kostet rund CHF 6'000.- – also etwa CHF 2'000.- weniger als das CFR – und kommt trotzdem mit der sehr guten drahtlosen SRAM Force XPLR 1x-Gruppe (mit Powermeter), dem nur leicht einfacheren, aber immer noch sehr gutem Radsatz DT Swiss GRC 1400 Spline und den Pirelli Cinturato RC Reifen, die im Test des starren Grail sehr gut abgeschnitten haben. 
Zum Vergleich: Das Lauf Seigla Ultimate liegt umgerechnet rund CHF 2'000.- tiefer (Lauf preist in USD), hat aber die Top-Gruppe SRAM Red XPLR, 57 mm Reifenfreiheit und ist etwa 1 kg leichter. 
Das hier ist das Top-CFR – aber aus Preis-Leistungs-Sicht ist es nicht das attraktivste Grail-RIFT im Programm. 

Fazit
Velo und Gabel sind gut, und sie machen Spass. Wichtig: Nicht jedes Grail bekommt die F132-One-Gabel – und das ist aus meiner Sicht richtig. Das Grail funktioniert weiterhin sehr gut als schnelles, starres Gravel-Race-Velo, und dafür gibt es eindeutig einen Platz. 
Es ist gut, dass es die Option Federgabel gibt. Aber im Moment fühlt sich die limitierte Rahmenfreiheit hinten (42 mm) plus die 50 mm vorne und dazu manche Serienkomponenten (halb-slick Reifen) ein bisschen quer zum Konzept „Gravel mit echter Federgabel“ an. 
Wenn ich ein Grail RIFT nehmen würde, um wirklich grobes Gelände zu fahren, würde ich das Paket mit gröberen und gern auch grösseren Reifen abrunden. Wenn ich schon eine Federgabel habe, um eine ruppige Abfahrt runterzuheizen, will ich auch das passende Gummi dazu. Klar: Mit 40 oder 42 mm kann man fast alles fahren – aber die Entwicklung geht nun mal Richtung mehr Volumen. 
Spannend ist vor allem, wohin Canyon das Grail als Nächstes entwickelt. Dieser Schritt wirkt wie ein vorgezogener Zwischenschritt vor einer neuen Grail-Generation – und die wird ziemlich sicher mehr Reifenfreiheit haben. Darauf darf man gespannt sein. 

 | Design und Ästhetik  | Eine bewährte Plattform und Geometrie. Die Federgabel scheint ein solides Zeichen von einer Marke zu sein, die viel Erfahrung mit Federung hat.  | 9/10
 | Aufbau  | Solide, ich habe keine Beschwerden. Ich denke, ich würde eine 1x-Kettenschaltung bevorzugen und die vordere Kettenschaltung weglassen.  | 8/10
 | Leistung  | Sehr gut, ich fahre das Grail generell sehr gerne. Ich würde die Gabel wahrscheinlich längerfristig straffer einstellen, um den Lockout-Einsatz insgesamt zu reduzieren.  | 9/10
 | Gewicht  | Für ein Spitzenmodell ist es etwas schwer. Für normale Fahrer wird das kein Problem sein, aber für Rennfahrer könnte es ein Problem sein.  | 7/10
 | Wert  | Ich glaube nicht, dass dieses Modell das günstigste in der Grail RIFT-Reihe ist, aber es hat dafür eine tolle Ausstattung.  | 7/10
 | Gesamtbewertung  |   | 40/50

Autor
Tom Wieckowski:
Tom ist Ende 2022 als Tech-Autor zum Cyclingnews-Team gestossen. Obwohl er einen Abschluss in Englischer Literatur hat, arbeitet er seit seinem Berufsstart durchgehend in der Velobranche – in ganz unterschiedlichen Rollen. Er bringt über 10 Jahre Erfahrung als ausgebildeter Mechaniker mit; die letzten fünf Jahre vor seinem Einstieg bei Cyclingnews hat er eine unabhängige Werkstatt geführt. Entsprechend wohl fühlt er sich sowohl in der Garage beim Schrauben wie auch auf dem Rennvelo, und er scheut sich nicht davor, ein Velo komplett zu zerlegen oder beim Test wirklich handfest zu werden, um zu sehen, woraus es gemacht ist. 
Tom ist seit frühester Kindheit Rennvelo gefahren und hat auf Strasse und Bahn bis auf nationales Niveau Rennen bestritten; ausserdem ist er in den meisten Disziplinen zumindest einmal angetreten. Er hat ein gutes Auge für Pro-Team-Technik und freut sich, wenn er unterwegs neue oder spannende Komponenten entdeckt. 
Seit er bei Cyclingnews ist, hat Tom bereits einige der grössten Namen des Sports interviewt, darunter Mathieu van der Poel, Tadej Pogačar und Alberto Contador. Ausserdem hat er diverse Launches von Marken wie Pinarello, Ridley, Specialized und weiteren begleitet, die Roubaix Challenge auf seinem eigenen Cannondale SuperSix Evo mit Felgenbremsen gefahren, über 20 Aero-Helme im Windkanal getestet und ausführliche Kaufberatungen zu unzähligen Kategorien verfasst – von Drehmomentschlüsseln bis Winterbekleidung. 

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